Sonja erinnert sich…

Auch wenn die Frühstücksmeile schon wieder Vergangenheit ist, hier noch eine weitere Erinnerung


Kurz nach dem Atomunfall in Tschernobyl war für meine Abschlussklasse 10 zusammen mit einer weiteren Klasse eine Reise nach Regensburg geplant. Als wir in Braunschweig losfuhren, war das Unglück schon geschehen, aber niemand ahnte schon die Auswirkungen, die dies auf uns alle haben würde.

 
In Regensburg hielten mein begleitender Kollege und ich uns durch Zeitunglesen auf dem neuesten Nachrichtenstand. Weil vor dem Fallout gewarnt wurde, ließen wir beim Tagesausflug nach München die Jugendlichen kaum aus dem Bus, nur an der Walhalla und ins Deutsche Museum ließenwir sie aussteigen. Ein Biergartenbesuch in Regensburg wurde kurzerhand nach drinnen verlegt, was nicht ohne Murren abging. Am zweiten Abend ließen wir unsere Klasse in der Obhut der beiden anderen Kollegen und besuchten eine kurzfristig angebotene Informationsveranstaltung von Wissenschaftlern, um uns über das richtige Verhalten aufklären zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt lag der Schwerpunkt des Niedergangs der radioaktiven Wolken ausgerechnet dort in Süddeutschland, wo wir uns aufhielten. Mit den neugewonnenen Erkenntnissen wie: keine frischen Salate oder anderes Gemüse mehr zu essen, die draußen getragenen Schuhe vor der Tür zu lassen und im Haus gegen andere auszutauschen und Jodtabletten zu besorgen, baten wir den Herbergsvater darum, den Küchenplan umzustellen und Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Aber der lachte uns nur verständnislos aus und sagte, er sehe keine Gefahr.

 
Nach zu Hause zurückgekehrt, ging ich noch gleich in der Nähe der Schule zum Einkaufen. Ich packte zwei Einkaufswagen voll mit allem, was ich an Essbarem fand, das lange aufzubewahren war: Dosengerichte, Dosenmilch, Hülsenfrüchte, Reis, Nudeln, Müsli, Getränke … Es hat noch fast zwei Jahre gedauert, bis ich alles verbraucht hatte, was ich da so „gehamstert“ hatte.

 
Noch etwa ein Jahr verfolgte ich die täglichen Becquerel-Höhe-Angaben für Lebensmittel in der Zeitung, um besonders belastete Lebensmittel zu vermeiden. Am meisten tat es mir leid, dass Nüsse hoch belastet waren und ich auf mein Lieblings-Nussjoghurt ganz lange verzichten musste.


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