Der etwas andere Rückblick von Michael (Achtung: Ironie !)
Als der Reaktor in Tschernobyl im April 1986 explodiert bin ich gerade 16 Jahre alt, mitten in der Pubertät und bereits verliebt in meine jetzige Frau und habe riesiges Glück!
April 1986: Ich wohne in der DDR; der Wind weht so günstig, dass die radioaktive Wolke, von der in der tagesschau (die meine Eltern verbotenerweise in unserem Wohnzimmer gucken) berichtet wird und wegen der gesamt Westdeutschland sich in seinen Wohnungen verschanzt, auf dem Weg von unserem „großen Bruder“ Sowjetunion in die Bundesrepublik, um meine sozialistische Heimat einen Bogen schlägt.
Ich zweifle am Wissen meines Geographielehrers, drehe den Globus in alle Richtungen, suche den alten Atlas von meinem Opa (der kannte wen, der da schon mal in der Nähe war) … naja … der Wind, der Wind, das himmlische Kind, hat meine Mutter immer mal gesungen, …
Also ! Glück gehabt keine Gefahr ! Alles gut und es wird noch besser, in den Gemüseläden, die es bisher; warum auch immer gab, denn die hatten in der Regel immer nur jede Menge Kartoffeln und Weißkohl im Angebot, führten plötzlich tatsächlich Gemüse: Gurken, Tomaten, etc. später im Herbst sogar Pilze. Verwirrenderweise greift keiner bei diesem tollen Angebot zu und kauft kaum diese Sachen, entweder kennen sie das nicht (mehr) oder es guckten doch mehr die verbotene tagesschau , … Westfernsehgucker hätte man also im Gemüseladen enttarnen können – Schade Stasi, „Chance verpasst“ 🙂
Bei Bananen bildeten sich dann aber immer noch die bekannten Schlangen, der Wind macht also auch um „Bananenländer“ einen Bogen – die Bundesrepublik, wäre also bei einem erneuten Atomunfall heute sicher ?
Meine Eltern stellten dann im Herbst auch noch das alljährliche Pilzesuchen im Harz ein, gab die Dinger ja jetzt im Gemüseladen, nur gekauft haben sie trotzdem keine. Also der leckere Gulasch ab sofort ohne Pilze. Ist meinen Eltern wohl der Appetit vergangen oder sie hatten keine Lust nachts in den Harz zu fahren, denn man erzählte sich „Pilze sucht man ab sofort nachts, denn die leuchten jetzt!“
Im Schrebergarten hatten wir und alle anderen plötzlich auch vermehrt nur noch Gras (ja Gras, kein Hanf) oder selbstgebaute Gewächshäuser (Holzgerüste mit „Plaste und Elaste aus Schkopau“ überspannt), den jahrelang mühselig gehegten Spargel, Erdbeeren und so verkauften wir an die Gemüseläden zur „Versorgung der sozialistischen Bevölkerung“ – war das schon Widerstand ?
Im Sandkasten spielte ich mit 16 nicht mehr – wieder keine Gefahr – war mit meiner jetzigen Frau, damals lieber dann doch öfters mal drin oder in anderen dunklen Ecken, … alles natürlich nur zur Sicherheit vor den bösen Strahlen :). Hat eben doch mal seine Vorteile, wenn man in Physik aufgepasst hat (Streber) und endlich sein Wissen mal „ausspielen“ kann. Den Effekt „Verliebt schützt vor Radioaktivität“ hat bestimmt noch keiner betrachtet.
… wird (vielleicht) fortgesetzt …